Vorreiter der Elektromobilität

Volkmar Denner, Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH, über die Bedeutung des eBikes für den Erfolg der Elektromobilität. Das Interview führte Tamara Winograd, Bosch eBike Systems.

Winograd: Herr Denner, als einer der weltweit führenden Automobilzulieferer stieg Bosch 2009 mit einem eigenen Produktbereich in den Markt für eBike-Antriebssysteme ein. Warum?

Denner: Seit fast 130 Jahren ermöglicht Bosch weltweit Millionen Menschen individuelle Mobilität. Über 100 Jahre lang funktionierte Fahrradfahren mechanisch und jeder war zufrieden damit – bis das eBike kam und einen vermeintlich gesetzten Markt völlig neu definierte. Schon damals, bei der Gründung des Produktbereichs Bosch eBike Systems im Jahr 2009, war uns klar: Das eBike ist ein wichtiger Schritt sowohl für die Entwicklung als auch für die Akzeptanz der Elektromobilität in der Gesellschaft.

Winograd: Wie kommen Sie auf diesem Weg voran? Gibt es erste Erfolge?

Denner: Dank der Synergien und des großen Know-hows innerhalb des Unternehmens erzielten wir schnell große Fortschritte. Nach nur drei Jahren waren wir europäischer Marktführer, wachsen weiterhin schneller als der Markt und liefern kontinuierlich Innovationen. Das harmonische Zusammenspiel unserer Komponenten und die konsequente Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Nutzer sind mit Sicherheit der Schlüssel zum Erfolg. Mittlerweile ist das eBike das erfolgreichste Elektrofahrzeug in der EU. Und ein äußerst wichtiger Wegbereiter für den Erfolg der Elektromobilität insgesamt.

Winograd: Rund 500 Millionen Einwohner in der EU machen gerade einmal sieben Prozent der Weltbevölkerung aus. Wie schafft es Bosch eBike Systems, auch außerhalb Europas dem eBike zum Durchbruch zu verhelfen?

Denner: Unser Ziel ist es, das eBike weltweit als Erfolgsmodell zu etablieren. Die ersten Weichen haben wir gestellt. Seit vergangenem Jahr treiben wir unsere Marktaktivitäten in Nordamerika und Asien voran. Erst haben wir ein Büro in Irvine/USA eröffnet, dann in Suzhou/China. So werden wir den Bedürfnissen unserer Kunden und der gesamten Branche besser gerecht. Das ist ein klares Signal an unsere Geschäftspartner: Wir wollen gemeinsam das eBike-Geschäft weltweit ausbauen. Bosch eBike Systems ist mittlerweile vom Start-up zum „Global Player“ gereift.

Winograd: Das eBike galt zu Beginn als Fortbewegungsmittel, das in erster Linie der „Generation 50 plus“ vorbehalten sei. Schaut man sich das aktuelle Straßenbild an, hat sich hier aber einiges getan. Welche Trends beobachten Sie?

Denner: Die Einsatzzwecke für eBikes sind sehr schnell bunt und vielfältig geworden. Nicht zuletzt dank unseres flexibel integrierbaren Antriebssystems konnten viele Hersteller in relativ kurzer Zeit neue eBike-Segmente erschließen. Die aktuellen Trends reichen dabei von bequemen Tiefeinsteigern und Alltagsrädern bis hin zu sehr sportlichen eMountainbikes und praktischen eCargobikes für die private und gewerbliche Nutzung. Das zeigt: Immer mehr Menschen liegt eine zeitgemäße, nachhaltige Mobilität am Herzen, die Spaß bringt und gesund ist. Und genau das wollen wir mit unseren Produkten erreichen.

Winograd: Die Wertschöpfungskette bei eBikes ist breit angelegt. Neben Systemanbietern wie Bosch sind es vor allem die Fahrradhersteller und Händler, die das eBike-Geschäft prägen. Welchen Anteil haben Hersteller und Händler aus Ihrer Sicht an der erfolgreichen Marktdurchdringung in Europa?

Denner: Ich bin stolz darauf, dass wir den eBike-Markt mit unseren Ideen und unserem Engagement entscheidend mitgestalten und prägen konnten. Das war nur im Verbund mit Herstellern und Händlern möglich, die ebenso fest an das große Potenzial von eBikes glauben wie wir. Die konstruktive Zusammenarbeit und die große Bereitschaft unserer Kunden und Partner, in das Thema zu investieren, sind schlicht überwältigend. Deshalb an dieser Stelle: Vielen Dank an unsere Kundinnen und Kunden, an unsere Geschäftspartner und den Fachhandel. Gemeinsam haben wir innerhalb sehr kurzer Zeit Erstaunliches geleistet. Auch in Zukunft werden wir alles daransetzen, die hohen Erwartungen zu erfüllen.

Winograd: Die Vernetzung hat längst sämtliche Bereiche des menschlichen Lebens erfasst, sie verändert Gesellschaft, Kultur und Ökonomie. Wohin geht beim eBike die technologische Reise?

Denner: Wie bei den PKWs ist auch beim eBike die Vernetzung ein wesentlicher Trend. Beispielsweise ist es sehr komfortabel, wenn man zu Hause vor dem PC oder vom Smartphone aus seine Fahrradroute planen, diese dann auf den Bord­computer übertragen und im Nachgang alle relevanten Daten auswerten kann. Unser eBike-Bord­computer Nyon ist das erste voll vernetzte Ökosystem der Branche. Die neuen Möglichkeiten, die sich durch die Vernetzung und Interaktion verschiedener Geräte ergeben, sind unglaublich vielseitig und spannend. Der vernetzte eBiker wird zum „next big thing“ – davon bin ich überzeugt.

Winograd: Welchen persönlichen Bezug haben Sie zu eBikes? Fahren Sie selbst?

Denner: Der elektrische Schub löst auch bei mir Begeisterung aus. Meine Frau hat ein eBike mit Performance Line und Nyon. Für die Fahrt morgens zum Bäcker benutze ich gerne ihr eBike. Wir wohnen am Hang, da ist das eBike eine sehr elegante und komfortable Lösung, um sich dann nicht verschwitzt an den Frühstückstisch zu setzen. Kürzlich hatte ich die Gelegenheit, einen Alpenpass zu fahren und bin mit dem typischen Bosch eBike-Grinsen abgestiegen.

Winograd: Was hat sich Bosch im Bereich eBikes für die Zukunft vorgenommen?

Denner: Wir glauben, die Zukunft der Mobilität wird elektrifiziert, automatisiert und vernetzt sein. Das gilt für die Bosch-Strategie insgesamt und für unsere eBike-Strategie im Besonderen. Wir werden die Leistungsfähigkeit des elektrischen Antriebs konsequent weiterentwickeln. Beispielsweise sind wir heute schon führend bei der Reichweite und legen hier kontinuierlich nach. Dabei hilft es natürlich, dass Bosch große Summen in die Weiterentwicklung der Batterietechnik investiert. Beim Thema Automatisierung sind wir davon überzeugt, dass die auto­matische Übersetzungssteuerung für unsere Kunden einen hohen Mehrwert darstellt. Hier haben wir mit eShift bereits ein innovatives Schaltkonzept in Serie gebracht. Bei der Vernetzung markiert Nyon, der weltweit erste all-in-one Bord­computer, den Beginn einer neuen Zeit. Kurz gefasst: Wir bieten begeisternde Produkte, „Technik fürs Leben – epowered by Bosch“.  

Winograd: Herr Denner, wir danken für das Gespräch.

Dr. rer. nat. Volkmar Denner ist Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH sowie Gesellschafter der Robert Bosch Industrietreuhand KG. Er wurde am 30. November 1956 in Uhingen geboren, ist verheiratet und hat drei Kinder. Nach dem Abitur 1975 studierte er Physik an der Universität Stuttgart und legte 1981 das Diplomexamen ab. Nach einem Forschungsaufenthalt in den USA promovierte er 1985 an der Universität Stuttgart in Physik zum Dr. rer. nat.

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