Zustieg leicht gemacht

eBike to Ski

Mit dem E-Mountainbike wird bereits der Zustieg zur Skitour zum Abenteuer. So kann auch der letzte Frühlingsschnee genossen werden.

Zustieg leicht gemacht

eBike to Ski

Mit dem E-Mountainbike wird bereits der Zustieg zur Skitour zum Abenteuer. So kann auch der letzte Frühlingsschnee genossen werden.

Wenn in den Tälern bereits der Frühling Einzug hält, herrschen in den höheren Lagen die perfekten Bedingungen für ausgedehnte Skitouren. Je mehr der Frühling voranschreitet, desto länger wird vom Tal aus der Zustieg, um ausreichend Schnee zu finden. Dabei gibt es genau jetzt nordseitig feinsten Pulverschnee und südseitig schöne Firn-Abfahrten – und das alles bei relativ sicheren Lawinenverhältnissen.

Ein Plan B muss her

Da die Passstrassen noch unter einer dicken Schneedecke begraben liegen und sich die Liftunterstützung bereits in die Frühlingspause verabschiedet hat, braucht es Alternativen. Bisher hiessen die Optionen entweder laufen, und dies vor und nach der Tour, oder mit dem Mountainbike bis zum Schnee radeln. Wobei dieses Konzept nur bedingt aufgeht, mit 15 Kilo Ausrüstung, Proviant, Skiern und Skischuhen am Rucksack, wirkt auf steilen Forstwegen die Schwerkraft und bremst einen auf Wandertempo zurück.

Doch moderne Technik kann Abhilfe schaffen. Das E-Mountainbike erlebte in den letzten Jahren einen wahren Siegeszug. Immer mehr Menschen vertrauen aus unterschiedlichen Gründen auf die E-Unterstützung. Logisch, dass diese technologische Entwicklung vor der Skitouren-Gemeinschaft keinen Halt macht und für den Zustieg genutzt wird.

Während die Aufstiege zu Fuss (zu) viel Zeit in Anspruch nehmen, machen sie mit einem E-Mountainbike sogar Spass. Der Motor gleicht das zusätzliche Gewicht der Ski-Ausrüstung mühelos aus und dank der Power des Antriebs ist man nicht schon total ausser Puste, wenn man auf die Skier umsteigt. Somit liegen auch etwas längere Aufstiege und spassigere Abfahren auf Ski und E-MTB drin.

Premiere: elektrifiziert dem Winter entgegen

Für meine «E-Bike to Ski-Premiere» entscheide ich mich für eine Tour, die maximales Panorama verspricht. Ich starte in Vaduz, dem Hauptort des Fürstentums Liechtenstein auf rund 500 Metern. Zwischen Österreich und der Schweiz am rechten Rheinufer gelegen, ist das Fürstentum eher bekannt als Kulturzentrum und Finanzplatz. Doch die Monarchie liegt mitten im europäischen Alpenbogen und bietet auch eine eindrückliche Gebirgswelt.

Skier und Skischuhe an den Rucksack geschnallt, geht’s beim ersten Tageslicht los. Auf der ausgeschilderten Mountainbike-Route geht es steil in Richtung Triesenberg und schnell ist klar: Im Vergleich zur Anreise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Auto verlängert das E-Mountainbike das eigentliche Abenteuer, doch bereits die Anfahrt vermittelt ein Gefühl von Freiheit. Die Frühlingswiesen blühen und das bevorstehende Schnee-Abenteuer scheint fern. Auf der alten Malbun-Bergstrasse, fernab des motorisierten Verkehrs, führt die Route durch einen alten, schmalen Tunnel. Auf der Nordseite angelangt, herrscht noch immer der Winter mit eisigem Griff. Tausend Höhenmeter sind schon geschafft und erst hier, ab der kleinen Ortschaft Steg, geht der eigentliche Zustieg los. Bis hierhin hätte man nämlich auch den Linienbus nehmen können.

Der Aufstieg

Ab Steg geht es auf rund 1300 Meter ins Tal hinein in Richtung Alp Valüna. Das E-Mountainbike bezwingt mit den breiten Reifen die Schneereste problemlos. Durch den niedrigen Schwerpunkt des Bikes liegt dieses stabil auf den Trails, was zusätzliche Sicherheit verschafft.

Hinten im Tal werde ich positiv überrascht, denn die Kiesstrasse wurde bis zur ersten Alp schon geräumt und das bedeutet leichtes Vorwärtskommen. Mittlerweile ist es auch Zeit, das Bike stehen zu lassen, denn der Batteriestatus im Display zeigt an, dass ein paar Watt­stunden für die Fahrt zurück nach Vaduz aufgespart werden sollten. Ab Heidböchel gilt deshalb: Skier anschnallen!

Die eigentliche Tour

Das Tagesziel heisst Rappastein, ein Gipfel auf 2221 Meter, gelegen zwischen Rheintal und Valüna. Der Gipfel thront majestätisch über dem Rheintal und versprach bereits früh morgens aus Vaduz ein episches Panorama. Der Rucksack fühlt sich ohne Skier und Skischuhe fast schon leicht an und beschwingt laufe ich los, der Sonne entgegen. Bis zur Alp Gapfahl geht’s auf der zugeschneiten Kiesstrasse gemächlich vorwärts, doch ab hier steige ich im Zickzack bis zum Grat die Rappasteinhalda hinauf. Das Lawinenrisiko ist heute als «gering» eingestuft, trotzdem ist eine vorsichtige Routenwahl angebracht.

Die Aussicht vom Grat lässt mich innehalten und für einen Moment andächtig verweilen. Das Rheintal liegt in seinen Frühlingsfarben 1500 Meter unter mir und die Sicht reicht vom Säntis bis zum Bodensee. Die Schlüsselstelle der Tour steht nun unmittelbar bevor. Für einige Meter heisst es: Skier wieder an den Rucksack binden und am Fix-Seil eine steile, kurze Wand hinauf stapfen. Technisch ist dies keine grosse Sache, doch etwas Mut braucht es schon und auch Höhenangst wäre hier fehl am Platz. Schnell sind die Skier wieder an den Füssen und vor der verdienten Rast am Gipfelkreuz gilt es nur noch den Gipfelhang zu bewältigen.

Im Firn dem Frühling entgegen

Die Abfahrt beschert mir schöne Schwünge im Firn, mit Blick ins Tal, wo andere Menschen gleichzeitig auf dem Rheindamm Velofahren und Inlineskaten. Bei der Schlüsselstelle ziehe ich die Skier nochmals schnell aus und bezwinge sie sicher zu Fuss. Nun gilt es nochmals zu geniessen, was der Tag skitechnisch zu bieten hat. Viel zu schnell bin ich wieder zurück beim E-Bike und mache mich auf den Rückweg. Bei der Alp Valüna geniesse ich nochmals die Sonne im Gesicht inmitten der alpinen Bergwelt und nutze die Gelegenheit, um die Steigfelle trocknen zu lassen.

Ich war den ganzen Tag unterwegs und bin lange an der Sonne sitzengeblieben. Dem Bach entlang bis nach Steg hat es bereits Schatten und ich fühle mich kurz wie im Gefrierschrank. Doch nach dem Tunnel lacht zum Glück schon wieder die Sonne, sodass die Abfahrt zurück nach Vaduz auf dem E-Mountainbike zum Genuss wird. Gedanklich lasse ich den Tag nochmals Revue passieren. Das Abenteuer «E-Bike to Ski» hat mir eine grosse Dosis an Freiheitsgefühlen und ein intensives Naturerlebnis beschert. Die «Allzweckwaffe» E-Mountainbike werde ich in Zukunft öfters als Zubringer für meine Entdeckungstouren einsetzen. Warum eigentlich nicht auch im Sommer beim Wandern?

Skitouren erfordern Erfahrung und umfassende Informationen. Für Ungeübte empfiehlt es sich einen Bergführer zu buchen. Die folgenden Informationen müssen zwingend eingeholt werden, bevor man sich auf eine Tour wagt (Tipps für die Schweiz):
  • Für Infos zum Lawinenrisiko empfiehlt sich die App «White Risk» des Schweizerischen Instituts für Schnee- und Lawinenforschung.

  • Zuverlässige Wetterprognosen gibt es auf der App «MeteoSchweiz».

  • Schweizer Kartenmaterial mit eingezeichneten Skitourenrouten gibt es auf der App «Swisstopo».

  • Wildschutzgebiete und Wildruhezonen müssen zwingend respektiert werden. Die Zonen können auf der Swisstopo-Karte eingeblendet werden.

  • Um im Notfall Hilfe rufen zu können, empfiehlt sich die Mitgliedschaft bei der «Rega» und die dazugehörige App.

  • Genügend Proviant und die geeignete Ausrüstung gehören in jeden Tourenrucksack.

  • Der Umgang mit dem Lawinenverschüttetensuchgerät, Sonde und Schaufel muss geübt sein, bevor man sich auf Tour begibt. Es wird empfohlen, dafür anfangs Winter einen Lawinenkurs zu besuchen, zum Beispiel beim SAC oder einem ausgebildeten Bergführer.

  • Batteriemanagement ist bei E-Bikes unumgänglich. Die Batterie sollte reichen, bis man wieder beim Ausgangspunkt zurück ist. Achtung: Bei extrem kalten Temperaturen entlädt sich die Batterie schneller.

  • Das im Artikel verwendete E-Bike hat einen Motor von Bosch eBike Systems mit einer 625Wh Batterie und reicht bei den 63kg Körpergewicht der Autorin plus dem gesamten Material im Tour Modus ca. für 1700 Höhenmeter.

Über die Autorin:

Nathalie Schneitter startete ihre internationale Mountainbike-Karriere im Jahr 2004 mit dem Gewinn des Cross-Country-Weltmeistertitels bei den Juniorinnen. 2008 qualifizierte sie sich für die Olympischen Spiele in Peking, 2010 sicherte sie sich den Heimsieg beim Cross-Country-Weltcup in Champéry und 2019 schrieb sie Geschichte und gewann die erste E-Mountainbike Weltmeisterschaft. Seit einiger Zeit gilt Nathalies Passion aber nicht nur dem Radsport, sondern der Bewegung in den Bergen ganz allgemein.

Vollgas gibt Nathalie auch neben der Rennstrecke. Sie ist Messeverantwortliche der Cycle Week in Zürich, spricht auf Red Bull TV den Deutschen Co-Kommentar des MTB Cross Country Weltcup und arbeitet an verschiedenen Tourismusprojekten.